Deutscher Gewerkschaftsbund

PM I/2023 - 09.03.2023
Internationaler Frauentag 2023

Höchstens vier Wochen - Filmabend mit anschließender Diskussion im Kulturhaus Lÿz in Siegen

Traditionell hatte das Aktionsbündnis Frauenarbeit Siegerland anlässlich des Internationalen Frauentages zu einer Veranstaltung eingeladen. Bei einem Filmabend mit anschließender Diskussion in der Kurbelkiste im Kulturhaus Lÿz ging es um den Film „Höchstens vier Wochen“. Der Film dokumentiert den größten Streik, den das deutsche Gesundheitssystem bisher erlebt hat. Die Beschäftigten
aller Uni-Kliniken in Nordrhein-Westfalen traten im Mai 2022 in einen Streik.

Frauke Hees (Gleichstellungsbüro Uni Siegen) und Tanja Krönert (Vertreterin der Gewerkschaften), begrüßten die Gäste des Abends. Frauke Hees wies auf die besondere Bedeutung des Internationalen Frauentages hin, insbesondere durch die Kriege in der Welt und die Lage in der Ukraine, die den Krieg nach Europa gebracht habe. Sie sprach über die bisherigen Errungenschaften in der Gleichstellung, aber auch über den Handlungsbedarf, der immer noch besteht. „Frauen haben 2022 weltweit statistisch 65 Tage umsonst arbeiten müssen, weil sie im Schnitt 19 Prozent niedrigere Stundenlöhne haben als Männer. In Deutschland sprechen wir hier von 18 Prozent. Auch an den Hochschulen zieht sich der Gender Pay Gap durch alle Bereiche.“

Da der Filmabend mit dem Equal-Pay-Day einherging, beglückwünschte Tanja Krönert die anwesenden Frauen, die statistisch am 7. März zum ersten Mal Geld für ihre geleistete Arbeit bekommen hätten. Auch sie wies auf den Gender Pay Gap hin, der unbereinigt immer noch bei 18 Prozent liegt.

„Wenn man von Faktoren wie Teilzeit, weniger Führungspositionen, Länge der Betriebszugehörigkeit und die überwiegend schlechter bezahlten Berufe, in denen Frauen arbeiten, ausgeht, liegt der bereinigte Gender Pay Gap immer noch bei 7 Prozent. Auf die Länge eines Arbeitslebens gerechnet, kommt da eine Menge Geld zusammen, was Frauen für ihre Arbeit nicht erhalten und das Frauen auch bei der Rente fehlt. Altersarmut ist vor allem ein Frauenthema.“

Tanja Krönert verdeutlichte anschaulich, wie hoch das durchschnittliche Bruttoeinkommen sein muss, um nur einen Entgeltpunkt für die Rente zu erwirtschaften. Dieser Betrag lag im Jahr 2022 bei 43.142 Euro und entspricht damit einem Monatseinkommen von 3.595 Euro.

„Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten“, sagte Tanja Krönert mit Hinweis auf den Fachkräftemangel, über den Wirtschaft und Politik klagen. Frauen seien Teil der Lösung, dies werde nur häufig übersehen. Es müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Frauen Beruf und Familie gut vereinbaren können. Dazu gehöre eine gerechte Verteilung der Care-Arbeit genauso, wie eine gerechte Entlohnung „und davon sind wir immer noch meilenweit entfernt.“

Ein Grund, warum sich der Gender Pay Gap nur im Schneckentempo schließe, sei die ungleiche Verteilung der Care-Arbeit, die überwiegend Frauen leisten. Sie arbeiten in Teilzeit, die durchschnittlich schlechter bezahlt werde, als Vollzeit. Hinzukomme, dass Frauen oft in kleineren Unternehmen beschäftigt sind, die nicht der Tarifbindung unterliegen. „In Betrieben mit max. 249 Beschäftigten liegt die Tarifbindung nur bei 27 Prozent“, erläuterte Tanja Krönert. „Daran erkennt man: ein Tarifvertrag ist unerlässlich, wenn es gerecht und fair zugehen soll. Zudem kann ein Tarifvertrag auch den Gesundheitsschutz regeln und zu einer echten Entlastung dort führen, wo Politik versagt oder schlechte Arbeitsbedingungen sogar begünstigt. Unser Gesundheitswesen ist leider ein gutes Beispiel dafür, dass soziale und von Frauen dominierte Berufe schlechter bezahlt werden. Die Beschäftigten haben eine anspruchsvolle Ausbildung und einen verantwortungsvollen Beruf, der ihnen körperlich und seelisch vieles abverlangt.“

Die Politik habe die Gesundheit von Menschen zur Ware gemacht und das System stehe vor dem Kollaps. „Immer mehr Fachkräfte ergreifen wegen Überlastung die Flucht aus ihren Berufen. Aus dieser Situation heraus entstand der Wunsch der Beschäftigten nach einem Tarifvertrag „Entlastung“, damit der Job nicht krankmacht und damit Beschäftigte in die Lage versetzt werden, ihre Berufe bis zur Rente ausüben zu können“, erläuterte Tanja Krönert.

Um diese Thematik ging es auch im anschließenden Film „Höchstens vier Wochen“. Seit den 1990er Jahren wurde unser Gesundheitssystem Stück für Stück kommerzialisiert, um Kosten zu sparen. So wurden immer kränkere Patienten behandelt und immer mehr Aufgaben wurden immer weniger Beschäftigten zugewiesen, von denen daraufhin immer mehr ihren Beruf verließen.

Doch anstatt zu kündigen oder die schlechten Bedingungen weiter hinzunehmen haben sich die Beschäftigten der Unikliniken NRWs dazu entschieden für ihre Berufe zu kämpfen – und damit für den Erhalt unseres Gesundheitssystems. Sie fordern vor allem eines: Entlastung! Genug Zeit, um ihren Job richtig zu machen. Genug Zeit, um keinen Burnout zu bekommen. Die Dokumentation begleitet die Beschäftigten der Kliniken - das Pflegepersonal - durch die Höhen und Tiefen der Gerichtsprozesse und Landtagsbeschlüsse und durch die komplizierten letzten Tage des Streiks für den Tarifvertrag Entlastung. Damit greift der Film ein sehr aktuelles Thema auf.

Am Aktionsbündnis Frauenarbeit Siegerland beteiligt sind der DGB Kreisverband Siegen-Wittgenstein, ver.di Südwestfalen, die IG Metall Siegen, die DGB-Jugend Südwestfalen, die Junge GEW NRW, die Gleichstellungsbeauftragten der Uni Siegen, das Netzwerk Hochschulsekretariat der Uni Siegen sowie Competentia NRW. Info: suedwestfalen.verdi.de und suedwestfalen.dgb.de.

Höchstens vier Wochen - Filmabend mit anschließender Diskussion im Kulturhaus Lÿz in Siegen

Höchstens vier Wochen - Filmabend mit anschließender Diskussion im Kulturhaus Lÿz in Siegen André Arenz


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